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Kosten- Nutzenrechnung

Plädoyer für ein humaneres Medienangebot

Sichtwechsel e. V. für gewaltfreie Medien bemüht sich seit einiger Zeit darum, an der Lösung eines Problems mitzuarbeiten, das auch für die UNESCO-Kommission von zentraler Bedeutung sein dürfte: Wie kann man den verhängnisvollen Wirkungen von Gewaltdarstellungen und Pornographie entgegentreten, die die audiovisuellen Medien besonders auf Kinder und Jugendliche ausüben?

Hier ein Anzug aus dem Brief, den der Verein im April 2002 an die Deutsche UNESCO - Kommission schrieb:

...Wie ernst diese Problematik ist, haben viele von uns in traurigen Lebenssituationen als Lehrer, Erzieher oder Eltern sehr direkt und hautnah begreifen müssen, und nicht ohne Grund gibt es in Ländern wie den USA in letzter Zeit verstärkte Anstrengungen für ihre Lösung. Sicher gibt es auch in unserem Land Anstrengungen in dieser Richtung, wer sich indes von der Basis aus in diese Auseinandersetzungen einzubringen sucht, wird sehr bald bemerken können, dass diese Bemühungen nicht auszureichen vermögen, um einen Wandel zum Besseren einzuleiten.

Was die Selbstkontrolle der Sender und den Jugendschutz angeht, so ist der Arm der Kontrollen im konkreten Falle oft zu kurz. Die wissenschaftlichen Studien zu entsprechenden Medienwirkungen bleiben in ihrem Aussagewert vielfach zu begrenzt, um mit ihrer Hilfe klare Maßstäbe für die Praxis etablieren zu können, oder aber, ihre Ergebnisse werden ignoriert. Und nicht zuletzt sind ja die praktizierten Normen von Ethik und Moral in unserer pluralistischen Gesellschaft eher dazu angetan, Urteile und Bewertungen, inklusive des gesunden Menschenverstandes zugunsten eines großzügig erscheinenden Toleranzprinzips zu relativieren.

In der Auseinandersetzung mit der medialen Gewalt begegnet man immer häufiger Argumenten ökonomischer Art; man könne gegen bestimmte Programminhalte einfach schon aus markwirtschaftlichen Gründen nichts machen, denn sie sorgten für die Einschaltquoten usw.

In letzter Zeit gibt es jedoch interessante Vorschläge, die Medienkultur einem Kosten-Nutzen-Denken zu unterwerfen und gegen die Verunreiniger der geistigen Atmosphäre mit ähnlichen Mitteln vorzugehen wie gegen die Verursacher ökologischer Schäden, nämlich durch härtere Besteuerung und finanzielle Sanktionen. Hinter diesem Gedanken steht eine Überlegung, die es ernsthaft zu bedenken gilt:

Warum machen wir nicht rigoroser eine Kosten-Nutzen-Rechnung darüber auf, was die Mediengewalt einbringt (auch wem und auf welche Weise) und was es die Gesellschaft dann in den verschiedensten Bereichen kostet, die Schäden auszugleichen?

Eine solche Perspektive, die für sich nicht in Anspruch nimmt, die moralischen Positionen kleinerer Gruppen durchsetzen zu wollen und auch sehr wohl das markwirtschaftliche Kalkül zulässt, könnte unseren Blick sicher auf einige Probleme lenken, die sonst kaum in der öffentlichen Diskussion sind: Welche verschiedenen Wirkungsaspekte der medialen Gewalt und Pornographie heute eine Rolle spielen und welche Konsequenzen verschiedenster Art sich daraus jeweils für die geistige und soziale Entfaltung des Menschen ergeben, besonders im Kindes- und Jugendalter, auch, welche Belastungen für die Gemeinschaft.

Aus den uns zugesandten Berichten, die über das Bemühen der Institutionen um den Jugendschutz Auskunft geben, geht jedenfalls nicht hervor, dass eine solche Diskussion heute überhaupt geführt wird. Für die Selbstkontrolle der Medienanbieter dürften aber Überlegungen, die über eine eng gefasste Pragmatik hinausgehen, von großer Bedeutung sein. Sie würden die Position des Jugendschutzbeauftragten bei der Programmplanung stärken. Der Jugendmedienschutz könnte somit mehr als bisher präventiv wirken.

Ein weit gefasstes Kosten-Nutzen-Denken dürfte auch darauf drängen, die Kriterien, nach denen in der Informationsgesellschaft das Medienangebot eingeschätzt wird, transparenter zu machen.

Um Kinder und Jugendliche in ihrem Identitätsbildungsprozess sachkundig beraten zu können, sollten etwa die Begriffe Kunst, Wertevermittlung, Sinnorientierung stärker nach ihren Inhalten befragt und dieser bewertende Diskurs auch ernster genommen werden.

Ohne Zweifel reichen Verbote und die Therapien nicht aus, um unseren Kindern eine Sinnorientierung im öffentlichen Raum zu garantieren, und für unsere Zukunft schafft dies zusätzliche Belastungen. ( Bücher wie "Unsere Kinder - unsere Zukunft", Klaus G. Conrad (Hrsg.), Hüthig Verlag Heidelberg, 1998, bieten dafür ausreichend wissenschaftlich Beleg.)

Auch an anderer Stelle, wie zum Beispiel im Kontakt zu wissenschaftlichen Instituten, diskutiert der Verein aktiv über Sinn und Zweck einer Kosten-Nutzenrechnung.